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Wenn die Haare zu Berge stehen
Mode, Beauty, Sex, Urlaub, Männer und Klatsch! Klingt zunächst, wie ein richtig kitschiger Bilderbuch-Mädelsabend oder eine langerwartete neue Staffel von Sex and the City. Zu finden jedoch nicht in den heimischen vier Wänden, sondern im Supermarkt oder am guten alten Kiosk.
 
Heute will ich mich mit denjenigen Zeitschriften beschäftigen, die mich als ihre Zielgruppe fokussiert haben: Frauenzeitschriften! Dabei muss ich bei dem heutigen Thema noch eine genauere Eingrenzung treffen: Frauen ja, aber alle Frauen? Nein. Liebevoll würde ich sie die “Mittendrin-und-noch-nicht-ganz-dabei-Zeitschriften” nennen. Wenn die Themen der Wendy, der Mädchen und der Bravo zu kindisch werden, aber man sich noch nicht zu den Petra’s, Barbara’s und Brigitte’s der Welt zählen will, dann ist man angeblich bei diesen Zeitschriften richtig. Doch wie funktionieren die klassischen Friseur-Zeitschriften eigentlich?

"POPP-Secret"

Natürlich habe ich mir eine Frauenzeitschrift gekauft! Wahrscheinlich bin ich auf den Trick mit den Sonderheftchen hereingefallen. Neben einer Leseprobe eines aktuelle Romans, die einladend aus dem Regal hervorragt, kommt ein zusätzliches neonpinkes Sonderheft mit der Überschrift: “Popp Secret, die 69 besten Sex-Tricks für Frauen”. Natürlich ist dies rein für Informationszwecke gedacht und nicht, um möglichst viel Aufmerksamkeit auf die aktuelle Ausgabe zu lenken.

 

Bevor man sich die Zeitschrift kauft, blättert man sie als aufgeklärte Medienrezipienten mit Qualitätsanspruch kurz noch einmal durch. Was auf den ersten Blick ins Auge springt sind grelle Farben und überladene Seiten. Glitzern und Funkeln an jeder Ecke, die “Stars” noch nicht einmal miteinberechnet. Der Stil dieser Zeitschriften ist nur schwer zu beschreiben, da er so viele Stile mixt, dass einem manchmal ganz schlecht wird. Content von 300 Seiten werden auf “mikrige” 160 Seiten zusammengepresst. Die Schrift einmal verschnörkelt, einmal schräg, Signalfarben hier, winzig kleine Bildunterschriften da. Fotos findet man in einem wilden Wirr-Warr in allen freien Winkel der Seite gepresst. Naja zumindestens bekommt man so nicht das Gefühl sein Geld gegen zu wenig Inhalt eingetauscht zu haben.

Die Sache mit den Trends

Dabei haben wir ja noch nicht garnicht über die Inhalte gesprochen! Einmal über das Laufband gerollt, zeigt die Kasse mit einem lauten “Piep” 2,00 € an. Wenigstens kann man sich das mit seinem Studentenbudget leisten, denk ich mir. Eingepackt und mitgenommen geht es wieder zurück nach Hause. Auf dem Cover Selena Gomez in knappen Hotpants mit der Überschrift “Hello Shorts, Schöne Beine in 10 Minuten”! In 10 Minuten? Na da bin ich mal gespannt und blättere weiter. Eine Kardashian im Spotlight, “Hotties bei denen man ins Schwitzen kommt”, Laufsteg Models mit Micky-Maus Frisuren und ganz viel Werbung. Dass Zeitschriften – allen voran die Publikumszeitschriften – überwiegend werbefinanziert sind, ist klar. Jeder Tipp, jeder Modetrick ist mit einer Produktwerbung untermalt und sogar im Sonderheft werden einem per Psychotest “Welcher Pornotyp bist du?” die neuesten Pornotrends unter die Nase gerieben.

Lifestyle-Unternehmer nehmen einen Haufen Geld in die Hand, um als Trend gelten zu dürfen. Unterschwellig wirkt es so, als würde dir deine beste Freundin ihre geheimsten Tricks verraten. Aber sind es überhaupt noch Trends, wenn man nicht einmal mehr selbst bestimmen darf, was man wirklich trendy findet? Besonders diese sind oft mehr als Geschmackssache. Da frage ich mich immer, wo man so etwas denn überhaupt tragen soll? Obwohl, so ein voluminöser Cruella Deville-Wollmantel in Regenbogenoptik macht sich bestimmt gut, wenn man mit dem Hund eine Runde gehen muss. Passend dazu gibt es auch noch eine Parfume Probe, die den verbitterten-alte-Frau-Style unterstreicht. Und so riecht mein Nachbar wenigstens auch, dass ich mir die neueste Zeitschrift besorgt habe.

Zurück auf den Boden der Realität

Mit ihrer weiblichen Zielgruppe ist es natürlich logisch, dass auch Frauen die Hauptprotagonisten darin sind. Wer jetzt auf wilde Vorwürfe hofft, den muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen. Natürlich geht es dabei um oberflächliche Stereotypen-Themen wie Mode, Kochen und Make-Up, aber andererseits sieht man genauso Artikel zu überaus emanzipierten Frauen. Diese Zeitschriften spiegeln nun mal thematisch einen breiten Querschnitt der Zielgruppe und ihrer Interessen wieder. Wäre es anders, so könnten sich die Frauenzeitschriften mit ihren Umsatzerlösen schon lange nicht mehr über Wasser halten. Die Nachfrage bestimmt das Angebot und die Attraktivität von Werbeplätzen wiederum die Werbeerlöse. Deswegen ist der goldene Weg zunächst sein eigenen Konsumverhalten zu hinterfragen.

 

Und genau deswegen will ich an dieser Stelle vielleicht etwas zurückrudern, denn zugegebenerweise: Ich lese die Zeitschriften, auch wenn es nur beim Friseur ist. Frauenzeitschriften haben es geschafft, das zu liefern, was eine breite Masse für 2,00 Euro willig ist zu lesen. Wer besonders hochqualitative Artikel erwartet, kann nicht davon ausgehen, dass man ihn genau bei dieser Anlaufstelle findet. Manchmal will man aber doch einfach nur etwas durchblättern, gaffen, lästern und seine Neugier befriedigen.

Frauenzeitschriften kommentiert

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